Niedersachsens Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Christian Meyer (Grüne) schätzt Punkrock, aber kein Putenfleisch. Vegetarier ist der 38-jährige Holzmindener allerdings nicht.
Gieboldehausen
Nach dem Besuch der Biogasanlage am Krebecker Kreuz diskutierte Meyer am Sonntag mit rund 50 Interessierten – überwiegend Mitglieder der Grünen und Landwirte – im Amtsrichter in Gieboldehausen über eine Agrarwende.
Obwohl Meyer bei vielen Landwirten, Konservativen und Liberalen als „Bauernschreck“ verschrien ist, herrschten in der Runde trotz unterschiedlicher Positionen moderate, teilweise sogar heitere Töne vor. Kreislandwirt Hubert Kellner begrüßte es, dass Meyer das Flächenland Niedersachsen nicht generell, sondern regional betrachte. Nur am Veggie-Day, am Vegetarier-Tag, erhitzten sich einige Gemüter.
Die Themenpalette war weit gesteckt, vom Baurecht bis zur Bioenergie, vom Tierschutz bis zur Förderpolitik. „Wir wollen die kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe stärken und nicht die Großbetriebe“, betonte Meyer: „Ich bin für EU-Subventionen, sie müssen aber in die richtige Richtung gehen, nicht an Großschlachthöfe und agrarfremde Konzerne.“
Großes Potenzial
In den Großbetrieben im Emsland würden Menschen ausgebeutet, in der Ukraine Steuergeld für niedersächsische Legebatterien ausgegeben, monierte der Minister.
Durch die neue Prämienregelung mit höherer Förderung für die ersten Hektar würden die meisten Betriebe gewinnen, bei der Betriebsstruktur in Südniedersachsen mehr als 90 Prozent mehr Geld bekommen als bei der Einheitsprämie, der Pachtmarkt besser gestellt.
Ackerbau und artgerechte Tierhaltung hätten hier ein großes Potenzial, das Eichsfeld müsse keine Abstriche hinnehmen. Helmuth Bartsch von der Landwirtschaftskammer meinte hingegen, dass sich südlich von Hannover kaum noch jemand traue, einen Stall zu beantragen.
Die baurechtliche Privilegierung entfalle bei Ställen ab 30 000 Masthühnern, 1500 Schweinen, 600 Rindern und 15 000 Legehennen, sagte Meyer. Tierschutz sei aber nicht nur eine Frage der Anzahl, sondern auch der Besatzdichte, neuere Anlagen artgerechter.
Mehr Freiland- als Käfighühner
Neben deutlich höheren Fördersätzen für den Öko-Landbau müssten auch Anreize für konventionelle Betriebe geschaffen werden, um ein Umdenken zu erreichen.
Meyer sprach sich für eine vereinheitlichte und glaubwürdige Kennzeichnung sowie Wertschätzung von Lebensmitteln aus: „Es gibt suggerierte Idylle in der Werbung und viele Fake-Siegel.“ Der Verbraucher sei bereit, für Qualität höhere Preise zu zahlen. Nach Klassifizierung der Eier gebe es in Niedersachsen inzwischen mehr Freiland- als Käfighühner.
Bei Energiepflanzen stoße man an Anbaugrenzen, der im vergangenen Jahr erstmals wieder zurückgegangene Maisanbau müsse korrigiert werden, räumte Meyer ein. Den als „Gülletourismus“ kritisierten Transport von Reststoffen zu entfernten Biogasanlagen hält er für vertretbar: „Solange wir hohe Tierzahlen im Emsland haben, sollten wir die Exkremente energetisch nutzen.“
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